Durch eine alte Eisentür führt der Weg entlang einer gewendelten Stiege
zum Wienflußbett hinab. Dort, vor dem mächtigen Ohmantor, beginnt
der Weg in die Finsternis. Die Fackeln werden entzündet und in Begleitung
der Dudelsackmusik setzt sich der Marsch in Bewegung. Auf einmal bekommt
der Ton eine stark hallende Wirkung und die vielen Geräusche der Eindringlinge
werden gespentisch von der gegenüberliegenden Tunnelwand zurück geworfen.
Bereits nach ein paar hundert Metern gibt es die erste Attraktion bei einem alten
Notausgang.
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Die Aufschrift "Aufzugschacht" entspricht nicht ganz
unseren heutigen Vorstellungen dieses Begriffes, denn sie stammt aus der
Zeit der Erbauer. Das "Spinnenmuseum" ist dort zu besichtigen:
Man erfährt, daß durch die aufsteigende Wärme der Fackeln der
Passierenden damit zu rechnen ist, das sich kleinere und größere
Exemplare dieser Gattung in Panik einfach fallen lassen, um zuletzt von
den Gästen in das wohnliche Heim gebracht zu werden. Trotz der zu erwartenden
Wirkung lassen sich Einige nicht davon abhalten, dem auf den Grund zu gehen.
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Dann geht es weiter bis zum nächsten Notausgang in der Höhe des Schwarzenbergplatztes.
Eine steile Wendeltreppe mit einer Breite von etwa 70 Zentimetern führt
nach elf Höhenmetern auf das Straßenniveau und endet in einer
Litfaßsäule. Die Tür wird aufgeschlossen und vorbeigehende
Passanten in Abendgarderobe vom Künstlerhaus kommend, wundern sich
über die fackelbewaffneten Menschenmengen, die der Litfaßsäule
entsteigen. Auch die laute Anfrage von einem der Heraustretenden "Samma
scho in Wien?" verfehlt ihre Wirkung nicht.
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Wieder wird berichtet und erzählt, was schon alles erlebt wurde und was
einem vielleicht auch noch widerfahren wird, denn erst nachdem der Letzte
den Ausgang gefunden hat, kann der Rückweg angetreten werden. Gegenverkehr
ist nicht möglich. Das dröhnende Hallen einer Trommel und der
monotone Rhythmus dringen von unten herauf, während man sich wieder
in eine Welt begibt, die schier weit vom Alltag entfernt ist.
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Eine halbe Stunde später befindet man sich in jenen Hallen, in denen seinerzeit
der legendäre Nachkriegsfilm mit OrsonWelles gedreht wurde. Auch dort
wird viel photographiert und gefilmt, man hört die eine oder andere
Anekdote und zieht entlang des Flusses weiter. Dann wird es spannend: Wer
den Mut hat, kann an der sogenannten "Kanalrattentour"
teilnehmen. Wie man erfährt, wird man zwar keinen Kanalratten begegnen,
soll sich aber danach womöglich so fühlen, weil man den gleichen
Weg nimmt- mehr wird nicht verraten. Wie sich zeigt, sind es nicht nur die
Kleinen, die sich diese Möglichkeit nicht nehmen lassen.
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Zuletzt findet man den Ausgang inmitten eines Kiosks auf dem Naschmarkt und
muß sich erstmals orientieren. Etwa 2,5 Kilometer wurden zurückgelegt und
beinahe zwei Stunden sind im Flug vergangen.Jeder bekommt eine Urkunde über
die furchtlose Teilnahme an der Fackeltour durch Wiens Unterwelt überreicht
und es dauert noch seine Zeit, bevor keine Fragen mehr gestellt werden und
auch die Letzten den Heimweg antreten.
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